Schwäbische Zeitung am 09.07.2018
Mach(t)mal: Spiele um Macht und Machtmissbrauch
Direktor Karl Handschuh gratuliert den frisch gebackenen Theaterpädagogen. (Foto: Helmut
Voith)
„Viele Köche“, so sagt ein altes Sprichwort,
„verderben den Brei.“ Im Theater scheint das nicht zuzutreffen, denn am Samstagabend hat das Publikum im Kulturschuppen am
Gleis 1 am Ende des Abschlussprojekts der Theaterpädagogik am Seminar Weingarten kräftig applaudiert. Und das, obwohl es statt
des früheren Regieteams diesmal gleich 31 Regisseure gegeben hat.
Jeder der Teilnehmer hat in allen Bereichen gearbeitet und sicher viel für die spätere Theaterarbeit an der Schule gelernt. Und noch eine Besonderheit: „MACH(t)mal“ hieß das Stück, das laut Ansage der beiden Leiter Britta Lutz und Jochen Stuppi in eineinhalb Tagen aus drei Einzelstücken zusammengeführt worden war. Die einzelnen, von drei Teams unabhängig voneinander erarbeiteten Stücke „Black Box“, „1xICH – einmalig“ und „IDEENreich“ wurden in der letzten Woche an neun Schulen von Meckenbeuren bis Bad Waldsee aufgeführt, einige interessierte Schulen mussten leer ausgehen.
Jürgen Mack, als Genie apostrophiert, sagte zu seinem Nachfolgeteam: „Abgeben fällt ganz leicht, wenn man weiß, in welche Hände man es gibt.“ Auch Direktor Karl Handschuh vom Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung Weingarten lobte das neue Konzept von Britta Lutz und Jochen Stuppi. Er habe den beiden alle Freiheiten gegeben und vieles bewegt, damit es diesmal neben den Aufführungen in den Schulen noch ein Abschlussprojekt geben konnte.
Die neue Doppelspitze hat Jürgen Mack nicht kopiert, sondern ihr eigenständiges partizipatives Konzept entwickelt mit mehr Verantwortung für jeden einzelnen Teilnehmer. In deutlichen Worten übte Handschuh Kritik am Sparwahn in diesem reichen Land. Die Mittel für Kultur seien drastisch zusammengestrichen worden. Mit Freude nahmen die 31 Teilnehmer nach der Aufführung ihre Zertifikate entgegen – Dokumentation einer zeitintensiven zusätzlichen Tätigkeit neben dem üblichen Pensum.
Man konnte durchaus Probleme haben, den Zusammenhang des ohne Pause zweistündigen Stückes zu erfassen. Philosophische Probleme des menschlichen Lebens wurden thematisiert und nicht allein als Sprechtheater dargeboten, sondern mit Musik und choreographischen Elementen erweitert, wobei der ganze Raum einbezogen wurde. So agierten Spieler auch von den Seiten oder sprachen das Publikum an.
Eindringlich sind die Szenen
Kulissen auf Stellwänden zeigten ein tristes urbanes Bild. Am Anfang war da eine graue Box, eine sogenannte Blackbox, deren Teile variiert eingesetzt werden konnten. Hauptthemen waren Macht und Machtmissbrauch. Eindringlich waren Szenen mit einem Bürgermeister, der mit Mitteln des Rechtsstaates seine Bürger unterdrückt und die Demokratie ad absurdum führt. Dass es zu inhaltlichen Wiederholungen kam, die nicht verstärkend wirkten, war wohl dem Zeitmangel geschuldet. Beim Premierenpublikum, meist Angehörige und Freunde der Beteiligten, kam die Aufführung jedenfalls gut an.
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Schwäbische Zeitung am 02.02.2018
Großer Beifall für Meckenbeuren
194 Lehreranwärter treten
letztmalig am Seminar in Kehlen zur Ausbildung an
Von Helga Wiechert
Artikelbild In Meckenbeuren heben die Lehreranwärter ein letztes Mal ihre Hand zum
Eid. Letztmals starten sie hier die Ausbildung. Foto: wie
Meckenbeuren - Seit 32 Jahren bildet das Staatliche Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Kehlen in der Hügelstraße
junge Lehrer aus. Am Donnerstagvormittag ist der letzte Kurs zum Referendariat angetreten und hat den Amtseid geschworen. In den
Pfingstferien zieht das Seminar nach Weingarten um.
77 Grundschul- und 117 Lehreranwärter für Haupt-, Werkreal, Real- und Gemeinschaftsschulen haben am Donnerstagvormittag im Bildungszentrum ihre Hand erhoben, zum Schwur auf die Verfassung. Sie wollen ihr Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetz befolgen und verteidigen, ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben."
Nach dem erfolgreichen Studium, treten sie nun ihre weitere Ausbildung an den Schulen an und am Seminar. "Heute ist der Tag, auf den sie lange Jahre hin gearbeitet haben", sprach Seminarschuldirektorin Anna Pinzger den jungen Lehreranwärtern aus der Seele und hieß sie herzlich willkommen.
Auch Bürgermeisterin Elisabeth Kugel beglückwünschte die jungen Männer und Frauen, die sich für "diesen wichtigen, unersetzlichen Beruf entschieden haben" und die gesellschaftliche Veränderungen hautnah erleben und spüren werden. Herausforderungen warten auf sie und wachsende Heterogenität an den Schulen. "Bewahren Sie sich den Blick für die Stärken Ihrer Schüler, Eltern und Kollegen", empfahl sie und lobte: "Sich für die Gesellschaft einzusetzen, ist eine große Ehre." Mit Franz von Assisis Worten machte sie Mut: "Beginne mit Notwendigen, dann tue das Mögliche, und plötzlich wirst du das Unmögliche tun." Den Umzug des Seminars in den Pfingstferien nach Weingarten, bedauerte die Bürgermeisterin sehr: "Das Seminar war 32 Jahre lang ein Markenzeichen für Meckenbeuren."
"Auf die Lehrer kommt es an, auf Sie", versicherte dann auch Regierungsschuldirektor Hartmut Nill und machte deutlich, dass es sich nicht nur um einen Job handle, dass sie eine sinnbringende Aufgabe zu meistern haben. Den wertschätzenden Umgang mit Menschen rückte er in den Vordergrund, die individuelle Förderung und Erziehung der Kinder zu wertvollen Mitbürgern, für eine offene Gesellschaft mit viel Toleranz.
"Kinder werden heute nicht mehr nach Schularten sortiert", machte er die Veränderungen deutlich, "die Schulen stellen sich auf die Kinder ein." Dafür zeigte sich der Gesamtelternbeiratsvorsitzende Andreas Konrad dankbar, der Verständnis für Eltern einforderte - und viel Kommunikation. "Sie und wir legen das Fundament für die Zukunft unserer Gesellschaft."
Schulband aus Buch rockt
Zum örtlichen Personalrat gab Ottmar Rupp nützliche Informationen. Seminarschulrat Thomas Locher und seine Musikgruppe verbreiteten musikalisch "Good News". Die Schulband vom Bildungszentrum rockte die Bühne und vom Forum des Vorgängerkurses gab's Tipps für die große Aufgabe. Wie groß diese ist, machte der Eid deutlich, den die Lehreranwärter vor Direktor Karl Handschuh sprachen. Er plädierte dafür, einen kritischen Blick zu entwickeln und ganz viel Fachlichkeit. "Lassen Sie Schule Lebens- und Erfolgsraum sein. Erleben ist nichts Passives. Erleben erfordert einen Ruck, braucht Offenheit, Mut, Menschen, die den ersten Schritt tun, neugierig sind und Rückschläge einkalkulieren." Sein großer Dank zum Schluss galt Meckenbeuren, für "32 Jahre, die wir hier sein durften. Doch nun sind wir zu groß geworden."
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Südkurier am 01.02.2018
197 Lehramtsanwärter starten ins Referendariat
Der größte Kurs von Lehramtsanwärtern, der am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in 32 Jahren in Meckenbeuren ins Referendariat startete, wurde willkommen geheißen. Es war zugleich der letzte Kurs, der seinen Amtseid in Meckenbeuren schwor. Das Seminar zieht nach Weingarten um.
Musikalische Begrüßung der Lehramtsanwärter: Der Chor des Lehrerseminars setzte
Akzente. Musikalische
Begrüßung der Lehramtsanwärter: Der Chor des Lehrerseminars setzte Akzente. | Bild:
Claudia Wörner
197 Lehramtsanwärter für Grundschule und Sekundarstufe nehmen den Vorbereitungsdienst, das Referendariat, am Staatlichen Seminar
für Didaktik und Lehrerbildung Meckenbeuren auf. Der größte Kurs, den es hier je gab, wie Seminardirektor Karl Handschuh
erklärte, der die Anwärter gestern vereidigte.
"Es geht nicht darum, 25 kleine Roboter mit der gleichen Software zu programmieren", sagte Handschuh. So seien Lesen, Schreiben und Rechen lediglich das Fundament der Bildung. Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung, die in der Schule das "Ende der Kreidezeit" eingeläutet habe, warnte Handschuh: "Es ist ein Irrtum zu glauben, es genüge zu wissen, wo etwas steht." Die Fachlichkeit sei unersetzlich und keinesfalls Selbstzweck, wirkliches Erleben nichts Passives. "Es erfordert Offenheit, Mut und einen Ruck, den man sich selbst gibt."
Karl Handschuh, Direktor des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung,
zur Frage von Quereinsteigern in den Lehrerberuf an Grundschulen: "Der Lehrerberuf
ist so verantwortungsvoll und vielschichtig, dass ein Seiteneinstieg eigentlich nicht möglich
ist."
Karl Handschuh, Direktor des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung, zur Frage von Quereinsteigern in den Lehrerberuf an
Grundschulen: "Der Lehrerberuf ist so verantwortungsvoll und vielschichtig, dass ein Seiteneinstieg eigentlich nicht möglich
ist."
Für Lea Pauer aus Blitzenreute gaben die positiv erlebte eigene Schulzeit und Erfahrungen in der Jugendarbeit den Ausschlag, Lehrer
in der Sekundarstufe 1 zu werden. Dabei war die im Vergleich zu den Kollegen am Gymnasium schlechtere Bezahlung für sie kein
Kriterium. "Für mich sind Kinder einfach etwas Positives", erzählte Lea Pauer. Sarah Kuschelmeister wird künftig an einer
Grundschule unterrichten und folgt damit ihrem Vater, ebenfalls Grundschullehrer. "Ich wurde schon früh in diese Richtung sozialisiert
und das hat mir gut gefallen", erklärte sie ihre Berufswahl. An der Grundschule gefalle ihr besonders, dass das Lernen für die
Kleinen noch eine Freude sei. Die unterschiedliche Bezahlung an Gymnasien und Grundschulen ist für sie nicht gerechtfertigt. "Wir
Grundschullehrer müssen einer viel größeren Heterogenität gerecht werden."
Elisabeth Kugel, Bürgermeisterin von Meckenbeuren, bedauerte, dass das Lehrerseminar nach 32 Jahren von Meckenbeuren nach Weingarten umzieht. Den jungen Lehrern wünschte sie, dass sie etwas von ihrer Leichtigkeit mit in den Schulalltag nehmen. "Bei Ihrer Arbeit bekommen Sie gesellschaftliche Veränderung hautnah zu spüren", sagte Kugel. Dabei verhelfe Bildung zur Orientierung in der Gesellschaft. "Bewahren Sie sich immer den Blick für die Stärken und Schätze der Schüler", gab ihnen die ehemalige Schulsozialarbeiterin mit auf den Weg ins Berufsleben.
197 Lehramtsanwärter wurden im Bildungszentrum Meckenbeuren vereidigt. Vor ihnen liegen eineinhalb Jahre Referendariat an einer
Grundschule oder in der Sekundarstufe 1.
197 Lehramtsanwärter wurden im Bildungszentrum Meckenbeuren vereidigt. Vor ihnen liegen eineinhalb Jahre Referendariat an einer
Grundschule oder in der Sekundarstufe 1. | Bild: Claudia Wörner
Vonseiten des Regierungspräsidiums Tübingen sagte Hartmut Nill: "Die Arbeit als Lehrer ist zutiefst zufriedenstellend und
sinnstiftend." 13 500 Kollegen seien an mehr als 600 Schulen im Bezirk des Regierungspräsidiums tätig. Drei Punkte zeichneten
einen guten Lehrer aus: ein wertschätzender Umgang mit Kindern, Eltern und Kollegen, die individuelle Förderung des Einzelnen und
die Erziehung hin zu einem verantwortungsvollen und toleranten Mitglied einer offenen Gesellschaft. "Kinder werden heute nicht mehr nach
Schularten sortiert."
Aus der Sicht der Eltern fragte Andreas Konrad, Vorsitzender des Gesamtelternbeirats Meckenbeuren, die Lehramtsanwärter mit einem Augenzwinkern: "Warum tun Sie sich das an? Sie könnten auch einen ruhigen Bürojob wählen." Die Anwärter sollten sich die Gründe auf einen Zettel schreiben, den sie immer wieder hervorholen könnten, wenn ein neuer Motivationsschub nötig sei. Vonseiten des Personalrats empfahl Ottmar Rupp, den Kontakt mit den Kollegen zu suchen. Auch ihm war die Grundhaltung der Referendare wichtig: "Leisten Sie Ihren Beitrag, damit die Schüler Einsicht und Akzeptanz für unsere Demokratie entwickeln."
Seiteneinsteiger für die Grundschule?
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung verschärft sich der Lehrermangel an Grundschulen. Bereits bis 2025 sollen bundesweit etwa 35 000 Lehrkräfte fehlen. Neben dem Vorschlag, Anreize für Mehrarbeit von Lehrern in Teilzeit und Pensionäre zu schaffen, schlägt die Stiftung vor, verstärkt qualifizierte Seiteneinsteiger für den Einsatz an Grundschulen zu gewinnen. Flexible Zugangswege zum Lehrerberuf und pädagogische Qualität dürften nicht im Widerspruch stehen.
Das sieht Karl Handschuh , Direktor des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung in Meckenbeuren, etwas anders. "Der Lehrerberuf ist so verantwortungsvoll und vielschichtig, dass ein Seiteneinstieg eigentlich nicht möglich ist." Sinnvoller wären seiner Meinung nach mehr Studienplätze für angehende Grundschullehrer an den Pädagogischen Hochschulen. Auch eine höhere Besoldung könne den Beruf, insbesondere für Männer, attraktiver machen. "Von 77 Grundschullehrern an unserem Seminar sind gerade acht männlich." Auch eine Angleichung der Wochenarbeitszeit an die Sekundarstufe sei ein Weg. Eine Chance sieht Handschuh auch im Angebot des Kultusministeriums für Gymnasiallehrer, die nach dem Referendariat keine Stelle bekommen. Eine Zusatzqualifikation am Seminar soll ihnen den Einstieg an einer Grundschule ermöglichen.