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Schwäbische Zeitung vom 26.11.2015
Meckenbeuren
beheimatet künftig ein
Doppelseminar
Reform der Lehrerausbildung greift ab Februar - Handschuh: die Herausforderung zur Chance werden lassen
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Zwei Standorte hat das
staatliche Seminar in Kehlen - jenen über der
Kegelsportanlage
sowie den im Dorfgemeinschaftshaus (im Hintergrund rechts). Auch als Doppelseminar -
wenn aus GHS ab Februar GWHRS wird - soll dies genügen, zumindest auf kurz- bis mittelfristige Sicht.
Foto: roland weiss
Meckenbeuren - Was sich in einem Lehrerleben ein- oder maximal zweimal ereignet, steht auf den 1. Februar 2016 hin an: Das Land packt eine Reform der Lehrerausbildung an (zuletzt geschehen 1981 und 2004). Was für Meckenbeuren besondere Bedeutung hat, da hier das staatliche Schulseminar angesiedelt ist. Auf das Team um Direktor Karl Handschuh kommt eine spannende Zeit zu, da Meckenbeuren dann - quasi als "Aufwertung" - eines von nur vier Doppelseminaren im Land beheimatet.
Dahinter steckt, dass ab Februar die Seminarstruktur den neuen Lehrämtern Grundschule bzw. Werkreal-, Haupt- und Realschule angepasst wird. Bisher erfuhren künftige Lehrer ihre Ausbildung im Verbund von Grundschule und Werkreal- und Hauptschule, während die Realschule gesonderte Seminarstandorte hatte.
Das ändert sich nun - und das Seminar in Kehlens Hügelstraße hat den Zuschlag als einziges Doppelseminar im Regierungsbezirk Tübingen bekommen. Was zunächst einmal natürlich große Erleichterung bei der Crew um Seminar-Direktor Handschuh ausgelöst hat, weil die Arbeitsplätze der Fachkräfte vor Ort gesichert sind. Befragt nach Gründen kann er nur vermuten, dass die Nähe zur PH Weingarten und dem dortigen Gymnasial-Seminarstandort hilfreich war, wird hier doch eine noch engere Kooperation vom Ministerium angestrebt. Zudem könnte hereinspielen, dass die bisherigen Realschul-Seminarstandorte Reutlingen und Freiburg zwar die nächsten, aber nicht wirklich nah an Oberschwaben waren.
Seit Frühjahr 2014 ist die neue Struktur bekannt, seither reißen die Vorbereitungen nicht ab. Muss doch von den bisherigen anderthalb Seminartagen auf zweimal zwei aufgestockt werden - Montag und Dienstag für die Grundschule, Mittwoch und Donnerstag für die Werkreal-, Haupt- und Realschule (gerne auch als Sekundarstufe abgekürzt).
Großes Interesse für Lehraufträge
Im bisherigen GHS-Bereich hatten sich die Anwärterzahlen zwischen 100 und 153 (Maximum anno 2010) bewegt. Künftig geht die Theorie von 80 plus 160 aus - erstere für die Grundschule, letztere für den Sekundarbereich.
Was in der Praxis noch fern ist: Die Online-Anmeldung für einen Standort war bis 1. September möglich, die Zahlen liegen also vor. "Viel weniger als gedacht" kommen auf Meckenbeuren zu, hat Handschuh erfahren. 50 bis 55 sind es für die Grundschule, etwa 110 für Werkreal-, Haupt- und Realschule.
Mit der steigenden Zahl an Lehreranwärtern steigt auch die Zahl jener, die sie am Seminar betreuen. Für beide Schularten wird Karl Handschuh als Direktor fungieren, eine Stellvertetung hat es seit elf Monaten nicht mehr gegeben. Sie wird aber sowohl für Grundschul-Seminar wie für Sekundarbereich unabdingbar. Zumindest für letzteren soll sich bis Frühjahr etwas tun, so Handschuhs Hoffnung.
Auch die Zahl der Bereichsleiter wird von sieben auf zwölf steigen, wobei dies sukzessive erfolgt. Groß ist laut Handschuh das Interesse an Lehraufträgen fürs Doppelseminar: 72 Anfragen hat er gezählt, wobei sich dies noch zeigen muss, wenn die Stellen ausgeschrieben sind.
In puncto "Raumprogramm" sieht Karl Handschuh die Vorgaben des Landes derzeit als erfüllt an. Freilich gebe es mittelfristig durchaus Bedarf - dann nämlich, wenn alle Stellen für Bereichsleiter und Fachleiter (ihre Zahl wächst von neun auf 26) besetzt sind.
Nutzen wird das Doppelseminar künftig jene Räume im Volksbank-Gebäude, die bislang das "Seminar Sonderschulen Stuttgart II" inne hatte. Allerdings weiß Handschuh auch, dass im Frühjahr ein "absolutes Notprogramm" gefahren werden muss - weil das Seminar Sonderschulen noch nicht am anvisierten Standort in Aulendorf unterkommen kann.
Und so wird es ein ganz spannendes Jahr 2016 - gehen mit der neuen Struktur der Seminare doch auch eine neue Prüfungsordnung und dann im Sommer neue Bildungspläne einher.
Und wie sieht Handschuh generell diese Entwicklung? "Wir setzen alles daran, dass wir aus den Herausforderungen Chancen machen", gibt er sich kämpferisch und hofft auf "sichere Strukturen, in denen wir arbeiten können". Wohlwissend, dass der Weg bis dahin kein leichter ist - hat doch alles vor einem kostenneutralen Hintergrund vor sich zu gehen.
Womit der Begriff "Herkulesaufgabe" naheliegt, die der griechische Halbgott auch nur einmal in seinem Leben zu bewältigen hatte. Und hinterher sicher auch froh war, dass ihm dies gelungen war...
Als Doppelseminare können - neben Meckenbeuren - noch Mannheim, Rottweil und Schwäbisch Gmünd angehende Lehrkräfte beider Lehrämter ausbilden
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Schwäbische Zeitung vom 30.07.2015
Mit Chaoskompetenz durchs Referendariat
100 frischgebackene Lehrer für Grund-, Haupt- und Werkrealschulen kommen aus dem Seminar in Kehlen
„Hakuna Matata – alles
ok“ singt die Musikgruppe und das Strahlen in den
Gesichtern der frisch gebackenen Lehrer, die hier von
Seminarschuldirektor
Handschuh beglückwünscht werden, gibt ihnen Recht. (Foto:
wie)
Kehlen/wie
„Ab heute ist es offiziell.“ Das hat das Plenum vom Kurs 34 vom Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung am Dienstag in der Häfler ZF-Arena verkündet und im Wechselbad der Gefühle zurückgeschaut auf die Zeit im Studium und vor allem aufs Referendariat in Kehlen. Note 1,0 und Anstellungen bis nach Tokio sind möglich mit der qualifizierten Ausbildung. „Gemeinsam haben wir diese anderthalb Jahre am Seminar erlebt“, freute sich Direktor Karl Handschuh mit den jungen Lehrern bei der Zeugnisübergabe in Friedrichshafen, und „gemeinsam mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern haben Sie es geschafft“. Er dankte allen für die gute Zusammenarbeit, für Geduld und Unterstützung. Denn „was einer ist, ist er nie nur allein aus sich heraus, sondern wegen der Unterstützung und Begleitung durch andere“. Das gelte auch für Eltern und Freunde. „Sie haben das erleben dürfen“, gab er den jungen Menschen mit auf den Weg, „jetzt sollen Sie anderen Hilfe und Unterstützung sein“. Er lobte im Namen des Kollegiums das Engagement des Kurses 34. Das spiegelten auch die Schulleiterbeurteilungen wider, die „unheimlich hoch“ ausfielen. Nun sei es ihre Aufgabe, die Schüler an den Schulen erfolgreich zu machen. Das sei auch ihr Erfolg.
Es
werde aber nicht immer leicht sein, diese Erfolge zu erzielen.
„Dann braucht es mehr als den klassischen Lehrer oder die
Lehrerin, dann braucht es jemanden mit Geduld, Verständnis
und klaren Vorstellungen, der sich nicht auf Biegen und
Brechen und notfalls mit der Notenkeule durchsetzt. Dann
braucht es Erzieher und Begleiter.“ Damit hat Handschuh
zusammengefasst, wie wichtig die Aufgabe dieser jungen Lehrer
ist, wie vielseitig und umfangreich. Das Rüstzeug
dazu
haben
sie im Studium erhalten und am Seminar, das großen Wert legt
auf das Herz für die Kinder – auch für die mit
Handicap, auf den Erfolg für die Kinder, auf den
künstlerischen und Theaterbereich, auf Nachhaltigkeit und
auf Werte, wie Gerechtigkeit, Nächstenliebe oder
Demokratie.
Zahl
der Suchenden ist sehr niedrig
„Seien
sie gute Lehrerinnen und Lehrer und zeigen Sie, dass Sie an der PH,
in den Schulen und am Seminar in Meckenbeuren mehr gelernt
haben als Fachwissenschaft und Fachdidaktik. Wir brauchen
Sie.“ So schloss der Direktor seine Rede und
überreichte zusammen mit Seminarschulrat Thomas Locher
die Zeugnisse. Dieser sorgte mit seiner Gruppe auch
musikalisch für einen schönen und
stimmungsvollen Abend. Mit der Note 1,0 schloss Birthe
Häuser ihre Ausbildung ab. Dorothee zur Horst und
Johannes Bosch erhielten für ihr großes soziales
Engagement einen Preis. Wie viele der Lehrer schon
eine Anstellung haben, wusste Handschuh noch nicht zu sagen.
Die Zahl der Suchenden aber, die sich bei ihm gemeldet habe,
lag mit zwölf auf einem niederen Niveau. Eine der jungen
Lehrerinnen startet in Tokio ihre berufliche
Laufbahn.
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Südkurier vom 30.07.2015
Ausbildung beendet: Auch für Lehrer gibt es Zeugnisse
100 junge Pädagogen haben ihre Ausbildung am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Meckenbeuren beendet. In der Friedrichshafener ZF-Arena wurde gefeiert.
Aus
den Händen von Karl Handschuh (vorne rechts), Direktor
Staatliches Seminar
für Didaktik und Lehrerbildung Meckenbeuren, und
Seminarschulrat Thoma Locher
(dahinter rechts) gab es die begehrten Abschlusszeugnisse.
Bild: Kerstin Schwier
Sie haben gemeinsam gelitten, geschwitzt, gekämpft, sogar geweint, wie eine Seminar-Teilnehmerin offen zugibt, aber am Ende haben sie alle gemeinsam gejubelt: 100 Lehranwärter des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung in Meckenbeuren dürfen sich ab heute Lehrer nennen. Aus den Händen von Seminardirektor Karl Handschuh und Seminarschulrat Thomas Locher erhielten die jungen Pädagogen am Dienstagabend in der VIP-Lounge der ZF-Arena ihre Abschlusszeugnisse. Sie alle haben die 18-monatige Ausbildung am Seminar in Meckenbeuren absolviert, die mit dem zweiten Staatsexamen endet. Nach den nun anstehenden, wohl verdienten Sommerferien werden sie im September ihren Dienst an einer der zahlreichen Grund-, Werkreal- oder Hauptschulen im Ländle antreten. Knapp 90 Prozent der Absolventen hat bereits eine Stelle gefunden. „So gut war die Quote seit Jahren nicht“, weiß Seminardirektor Karl Handschuh zu berichten. Eine frisch gebackene Lehrerin zieht es dabei gar bis nach Tokio an eine deutsche Schule.
Die
Verabschiedung, die bislang immer in der Kar-Brugger-Halle in
Kehlen vorgenommen wurde, fand dieses Jahr erstmals in der
ZF-Arena statt. „Das ist ihr Abend an einem ganz
besonderen Ort. Danke an die ZF-Arena, dass wir diesen
schönen Anlass in einem angemessenen Ambiente feiern
können“, begrüßte
Seminarschulrätin Ulrike Fuchs die Gäste. Nach zwei
munteren musikalischen Stücken des Seminar-Chors unter
der Leitung von Thomas Locher fand Seminar-Direktor Karl
Handschuh in seiner Rede auch Zeit für einige besinnliche
Worte. So erinnerte er an eine junge Kurskollegin, die
nur wenige
Tage nach Aufnahme des Vorbereitungsdienstes im Februar 2014 bei
einem Autounfall tödlich verunglückte.
Von
den ursprünglich 117 Teilnehmern des Ausbildungskurses 34
haben 100 den Abschluss geschafft. Einige hatten für sich
erkannt, „dass dieser anspruchsvolle und fordernde Beruf
für sie doch nicht der Richtige ist“, gaben auf oder
waren bei den Prüfungen nicht erfolgreich, berichtete Karl
Handschuh.
„Ich
erwähne dies, damit uns allen noch mal deutlich wird, dass es
nicht selbstverständlich ist, heute hier sein zu
dürfen“, so Handschuh. Gleichzeitig mahnte er an,
die Unterstützer und Wegbegleiter bei aller Euphorie nicht
zu vergessen. „Was einer ist, ist er nie nur aus sich
heraus, sondern wegen der Unterstützung
und Begleitung durch andere“, erklärte der
Seminar-Direktor. Auch wenn die neuen Lehrer künftig
selbst in die Rolle des Unterstützers und Begleiters
für viele Kinder schlüpften, so dürften sie sich
selbst auch weiterhin Rat und Hilfe suchen. Schließlich
sei „ein guter Lehrer immer auch selbst
Lernender“, so Handschuh.
Für
ihr besonderes soziales Engagement wurden Dorothee zur Horst und
Johannes Bosch an diesem Abend in der ZF-Arena ausgezeichnet,
Birthe Häuser schaffte ihren Abschluss mit der Traumnote
1,0.
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Südkurier vom 06.07.2015
Die Mutter als Sklavenhalterin
der eigenen Töchter
Im Kulturschuppen von Meckenbeuren zeigt der 14.
theaterpädagogische Ausbildungskurs eine beeindruckende
Inszenierung des Lorca-Stücks „Bernarda Albas
Haus“.
von Harald Ruppert
Adela (Nadine Schneider/links) wird von ihrer Mutter Bernarda
Alba (Nina Laas) zur Rede gestellt. Im Meckenbeurer Kulturschuppen
zeigte der theaterpädagogische Ausbildungskurs des Seminars
Meckenbeuren Garcia Lorcas Stück „Bernarda Albas
Haus“. Bild: Christian Lewang
Die Übermacht dieser Frau (Nina Laas) ist bis weit in die Publikumsreihen zu spüren: Wie das Holzbein von Kapitän Ahab kündigt der Gehstock ihr Kommen an, und wie Nosferatu steht sie schließlich vor den Opfern über die sie herrscht – mit verkrümmter, aber herrischer Hand, mit verzerrten Gesichtszügen und mit einem Blick, der stechend ist und trotzdem haltlos irrt wie der einer Blinden. Eine Blinde, die das Bedürfnis ihrer fünf erwachsenen Töchter nach einem selbstbestimmten Leben nicht sehen will. Denn gerade ist Bernardas Mann gestorben – der alles andere als ein Heiliger war – und der soziale Druck im Dorf verlangt eine Zeit der Trauer. Acht Jahre verhängt Bernarda über ihre Töchter – eine maßlose Frist, die die von Kindheit andauernde Gefangenschaft ihrer Töchter weiter verlängert. Doch ums Haus, und dabei unsichtbar und unerreichbar wie ein Geist, schleicht der junge Pepe. Bernarda hat ihn mit ihrer Ältesten verlobt, der schon etwas vertrockneten Angustias (Rebecca Fütterling). Aber Magdalena (Janina Baltschukat), Amelia (Maria Reichle), und vor allem Martirio (Nina Umbrecht) und Adela (Nadine Schneider) machen ihn ihrer Schwester streitig. Auch sie wollen ja nur heraus aus der klösterlichen Zucht der Mutter. Die Katastrophe ist unausweichlich, und wie bei Max Frisch ereignet sie sich in Federico Garcia Lorcas Stück „Bernarda Albas Haus“ langsam und plötzlich.
Im 14. theaterpädagogischen Ausbildungskurs des Seminars Meckenbeuren ist Bernarda Alba zu dämonisch, um nur eine Frau zu sein. Sie wächst zum Symbol einer Versklavung heran, die anhält, weil sie auch in den Köpfen der Versklavten steckt. Und mehr noch, weil die Sklavenhalterin selbst ein Opfer ist. Bernarda ist eine Tote im eigenen Leben, die nur noch existiert, weil sie sich das Mitleid mit sich selbst und allen anderen längst ausgetrieben hat. Die „Gesellschaft“, die „Verhältnisse“ haben die Peitsche in der Hand. „Das Leben fragt nie nach unseren Wünschen“, sagt Bernarda und bricht die Leben ihrer Tochter in ebenso kleine Stücke wie das ihre gebrochen wurde.
Die anonymen „Verhältnisse“ sind so unveränderbar wie die glühende Hitze Andalusiens, und diese 40-Grad-Hitze, die das Leben lähmt, herrscht bei der Premiere auch im Kulturschuppen am Gleis 1. Die gemeinschaftliche Inszenierung von Jürgen Mack, Citlali Huezo Sánchez, Almut Stöckl und Jochen Stuppi profitiert nur davon: Die drückende Atmosphäre überträgt sich aufs schwitzende Publikum, und auch die Erwartung, dass sie sich unabwendbar schließlich entladen muss.
Ebenso realistisch wie schlicht und tiefgründig ist das Bühnenbild von Jürgen Mack und Almut Stöckl: Eine Architektur aus Gazestoffen, deren Weiß eine nach außen zur Schau getragene sexuelle Unschuld ebenso symbolisieren wie ein Leben, das hinter diesen halb durchsichtigen Wänden ausbleicht. Die soziale Kontrolle ist überall, auch weil die Schwestern, von denen jede ihr Stück Privatheit haben möchte, einander missgünstig im Auge behalten. Man kann die Stoffwände auch als schützende Vorhänge begreifen. Aber dass sie je blickdicht werden, ist so unmöglich. Das Zentrum dieses ummauerten Anwesens ist, wie in heißen Ländern nicht verwunderlich, ein Brunnen. Um ihn sammeln sich die Frauen. Er bildet damit auch die Mitte der zunehmend herausgeschrienen Emotionen, an seinem Rand werden die Träume von einem glücklicheren Leben ausgesprochen. Der Brunnen ist der Ort der Wünsche und der Abgründe, tief wie die Risse und Neurosen, die diese Familie durchziehen. Weil er zum psychologischen Kraftort wird, ist der Brunnen die eigentliche Meisterleistung des Bühnenbildes. Und Nadja Dellagiacoma in der Rolle der Haushälterin ist es, die mit ihrem Zorn auf Bernarda Alba den ersten Spatenstich tut, durch den sich der Brunnen mit Gift und Galle füllt: „Eines Tages habe ich genug. Dann spucke ich ihr ins Gesicht. Ein ganzes Jahr lang.“
So bedrückend dieses Drama auch ist, es bleibt doch nicht ohne Humor. Und der ist leise, wenn die beiden Mägde (Conni Eißler, Katharina Dreizler) schnatternd und in slapstickhafter Routine die Bettlaken zusammenlegen. Oder wenn Bernardas demente alte Mutter (Alexandra Mager) nachts im Liebesrausch von ihrer bevorstehenden Hochzeit träumt und in Gesängen Bernarda verflucht, die sie an der Flucht zum imaginären Galan hindert.
Anders als in früheren Inszenierungen bleiben Musik und Choreographie (Jochen Stuppi, Almut Stöckl) zurückhaltend. Große Gruppenszenen gibt es kaum, aber das ist nur zweckdienlich – denn wer in dieser Familie singt, der singt für sich allein.
Weitere Vorstellungen am 9., 10. und 11. Juli, jeweils um 20 Uhr, sowie am 12. Juli als Matinee um 10.30 Uhr. Alle Vorstellungen finden bei Kultur am Gleis 1 in Meckenbeuren statt. Karten für 16, 13, 11 und 9 Euro bei Schreibwaren Gresser, Telefon 0 75 42/47 11.
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Schwäbische Zeitung vom 04.07.2015
Gefangen in der Familienhölle
Theaterpädagogischer Ausbildungskurs macht Lorcas Drama zur Parabel jeder gnadenlosen Diktatur
von Helmut Voith
„Bernarda Albas Haus“ in Meckenbeuren: Mit dem Tod des Vaters ist ihr Leben vorbei. Von links Bernarda (Nina Laas), Adela (Nadine Schneider), Martirio (Nina Umbrecht), Nachbarin Prudencia (Katharina Dreizler), Angustias (Rebecca Fütterling) Bild:Helmut Voith
Meckenbeuren sz
Trotz der Hitze möchte man bei diesem Stück frieren, so
eisig ist die Hölle in Bernarda Albas Haus. Mit der Premiere
von Federico García Lorcas Drama „Bernarda Albas
Haus“ hat der 14. Theaterpädagogische Ausbildungskurs am
Seminar für Didaktik und Lehrerbildung Meckenbeuren am
Freitagabend im Kulturschuppen am Gleis 1 einen tiefen Eindruck
hinterlassen.
Weil dieser Kurs erstmals nur weibliche Teilnehmer hatte, hat sein Leiter Jürgen Mack folgerichtig ein reines Frauenstück ausgewählt und das Konzept ist voll aufgegangen. Unter der gemeinsamen Regie von Jürgen Mack und Citlali Huezo Sánchez und der dramaturgischen Mitwirkung und musikalischen Leitung von Almut Stöckl und Jochen Stuppi hat jede einzelne Figur ein markantes Profil erhalten. Die Bühne im Gleis 1 wird zum andalusischen Anwesen, in dem sich auf engstem Raum ein Stück von beklemmender Dichte und existenzieller Not entfaltet. Die Hölle auf Erden entsteht, weil die Hausherrin mit unerbittlicher Härte die Tradition verteidigt und durch ihren unbeugsamen Stolz und Dünkel das Glück ihrer fünf ledigen Töchter zerstört.
Alles spielt sich vor transparenten Wänden im weißen Innenhof ab, rund um den dominanten Brunnen. Von hier aus kann man zum Tor zur Außenwelt gelangen, fast nie unbemerkt, denn jede der Töchter spioniert der anderen nach, unter der Missgunst der Schwestern ebenso leidend wie unter dem Stock der Mutter.
Ausgangspunkt der Qualen ist der Tod des Vaters. Die Sitte verlangt eine achtjährige Trauerzeit. Die Töchter dürfen das Haus nicht verlassen, nur die Älteste und Alleinerbin soll heiraten. Der Mann, das begehrte Wesen, erscheint nie auf der Bühne und ist doch allgegenwärtig als hart umkämpftes Objekt der Begierde. Die Frauen wissen, dass sie hier eingeschlossen ihre besten Jahre nutzlos vergeuden, und in der Hitze des Südens kochen die Leidenschaften hoch.
Ein eigenes Profil für jeden
Das Regieteam hat mit den Spielerinnen zusammen für jede eine Geschichte entwickelt, jeder ein eigenes Profil erarbeitet. Unerbittlich spielen sie ihre Rollen. Die Mutter Bernarda (Nina Laas) erreicht die Größe einer griechischen Tragödin, wenn sie mit bitterbösem Blick mit ihrem Stock über den Hof hinkt, eisern die Tradition verteidigt, sich hoch erhaben über die Menschen des Dorfes zeigt. Selbst eine Gefangene, zwingt sie ihre Töchter zum Gehorsam, zur Wahrung des Scheins: die hagere 39-jährige Angustias (Rebecca Fütterling), die genau weiß, dass sie nur des Geldes wegen begehrt wird, die gutmütige Magdalena (Janina Baltschukat), die stille Amelia (Maria Reichle), die von unerfüllter Leidenschaft zerfressene Martirio (Nina Umbrecht) und die Jüngste, die 20-jährige Adela (Nadine Schneider), die sich mutig auflehnt und dem Mann hingibt, der die Schwester heiraten soll. Zu kämpfen hat Bernarda auch gegen die 80-jährige Mutter (Alexandra Mager), die in den Wahnsinn geflüchtet ist und einen Aufbruch plant, der von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Die Vermittlungsversuche der Haushälterin (Nadia Dellagiacoma) – „du dienst, ich zahle!“ – und der Magd (Conni Eißler) schlägt Bernarda ebenso in den Wind wie die Gerüchte der alles beobachtenden Nachbarin (Katharina Dreizler). Immer höher lodern die unterdrückten Gefühle, suchen Ventile, man wartet auf die Katastrophe, die keiner verhindern kann und doch das Gefängnis nur noch grausamer macht: „Man muss nicht tot sein, um nicht mehr zu leben.“
Das dichte Spiel, die zwingenden Bilder, die von Almut Stöckl komponierte atmosphärische Musik und die Gesänge, Kostüme, Maske und Licht machen die Aufführung zum eindrucksvollen Gesamtkunstwerk.
Weitere Aufführungen am Gleis 1 gibt es am 4., 9., 10. und 11. Juli um 20 Uhr sowie am 12. Juli um 10.30 Uhr.
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Südkurier online vom 03.02.2015
Referendare: Nach dem Studium zurück in die Schule
117 Lehreranwärter sind in Meckenbeuren auf die Verfassung
des Landes Baden-Württemberg
vereidigt worden. Sie starten nach dem Studium an Grund-, Haupt-
und Werkrealschulen
in ihr Referendariat.
In der Mensa des
Bildungszentrums Buch leisteten 117 Lehreranwärter ihren Eid
auf die
Verfassung des Landes
Baden-Württemberg. Bild: Schwier
Nach der Theorie folgt die Praxis: Für 117 Lehramtsanwärter begann gestern der praktische Teil ihrer Ausbildung. Nach Jahren an der Pädagogischen Hochschule folgt nun für sie der Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Werkrealschulen. Zum letzten Mal in dieser Verbundform, denn ab 2016 wird die Ausbildung in Primar- und Sekundarstufe getrennt.
Gestern wurden die jungen Pädagogen von Karl Handschuh vereidigt, Direktor des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung Meckenbeuren. Der Festtag startete mit einem ökumenischen Gottesdienst in der St.-Verena-Kirche in Kehlen, gehalten von den Schuldekanen Birgit Rathgeb-Schmitt und Frank Eberhardt.
Anschließend folgte die feierliche Zeremonie der Vereidigung in der Mensa des Bildungszentrums Buch. Bevor die angehenden Referendare ihren Schwur auf die Verfassung des Landes Baden-Württemberg ablegten, wurden sie von Vertretern der Gemeinde und des Schulamtes willkommen geheißen. Und natürlich durfte, schon fast traditionell, eine Begegnung mit ihrer zukünftigen Klientel nicht fehlen.
So startete der Chor der Albrecht-Dürer-Grundschule Meckenbeuren mit dem afrikanischen Musical „Kwela Kwela“ das unterhaltsame Programm. „Wie die Profis habt ihr auf der Bühne gestanden“, dankte Seminarschulrätin Ulrike Fuchs, die durch das Programm führte, den Jungen und Mädchen.
Schulamtsdirektor Klaus Moosmann erklärte, ein guter Lehrer müsse immer wieder die Perspektive seiner Schüler einnehmen und sich bei ihnen Rückmeldung holen. „Helfen Sie, ab heute eine Gesellschaft mit aufzubauen, in der jeder anders sein darf“, forderte der Leiter des Staatlichen Schulamts Markdorf. Mit einem heiteren Einspielfilm über den „perfekten Lehrer“ begrüßte das Forum des Vorgängerkurses die Neuankömmlinge am Seminar. Für die musikalische Unterhaltung bei der Feier sorgte Seminarschulrat Thomas Locher zusammen mit Teilnehmern des Vorgängerkurses.
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Schwäbische Zeitung online vom 02.02.2015
"Wenn Schüler für Sie durchs Feuer gehen, dann haben Sie gewonnen"
117 Lehreranwärter am Seminar in Kehlen schwören den
Eid - Großes Lob des
Schulamtsdirektor für die Einrichtung in der
Hügelstraße
"Gehen sie mit einem Smiley in
die Schule. Fleiß wird's brauchen, Selbstkritik und
Zuversicht" - so
lautet der Rat Karl Handschuhs
an die angehenden Lehrer, die am Montag ihren Eid leisten. (Foto:
wie)
Für Musik und Kunst begeistern
„Du bist nicht allein“,
versprach Schulrätin und Moderatorin Ulrike Fuchs, ehe der
Personalratsvorsitzende Ottmar Rupp Mut machte: „Heute, genau
vor 30 Jahren, saß ich an Ihrer Stelle und würde den
Beruf immer wieder ergreifen.“ Er blickte auf die vielen
Herausforderungen und Änderungen in der Schullandschaft und
stellte wohl berechtigt die Frage: „Wo bleibt da der
Unterricht?“
Wie man sich auf den
vorbereitet, das wussten auch dieses Jahr wieder die Vorgänger
vom Kurs 34 herzerfrischend mitzuteilen. Musikalisch verbreitete
die Gruppe „Rhythmix“ von Seminarschulrat Thomas Locher
die „Good News“ aus der Seminarwelt.
117 Anwärter sind ans
Seminar für Didaktik und Lehrerbildung nach Kehlen gekommen,
101 davon mit Schwerpunkt Grundschule, ein weiterer mit Schwerpunkt
Musik und keiner für Kunst. Da forderte Handschuh Thomas
Locher heraus, die jungen Menschen für Musik und Kunst zu
gewinnen. „Bringen Sie Begeisterung mit für Ihr Fach und
Unterrichtsthema. Vergessen Sie nicht, diese Vorbereitung ist die
riesige Lernchance für Sie. Arbeiten Sie gezielt an der
Entwicklung ihrer Kompetenzen“ – so sein Appell an die
Anwärter, ehe er ihnen den Eid abnahm.